Deucravacitinib

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Deucravacitinib
Allgemeines
Freiname Deucravacitinib[1]
Andere Namen
  • BMS-986165
  • 6-(Cyclopropancarboxamido)-4-{[2-methoxy-3-(1-methyl-1,2,4-triazol-3-yl)phenyl]amino}-N-(trideuteromethyl)pyridazin-3-carboxamid
Summenformel C20H19D3N8O3
Kurzbeschreibung

weiße bis gelbliche Kristalle[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1609392-27-9
ECHA-InfoCard 100.329.069
PubChem 134821691
ChemSpider 72380005
DrugBank DB16650
Wikidata Q113940477
Arzneistoffangaben
ATC-Code

L04AA56

Wirkstoffklasse

selektives Immunsuppressivum

Wirkmechanismus

allosterischer Tyrosinkinase 2-Hemmer

Eigenschaften
Molare Masse 425,47 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 361f​‐​372
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Deucravacitinib (Handelsname Sotyktu; Hersteller Bristol Myers Squibb) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Tyrosinkinasehemmer, der in der Behandlung von Schuppenflechte eingesetzt wird. Es ist ein first-in-class-Wirkstoff[4] und der erste de novo deuterierte Wirkstoff,[5] der zugelassen wurde.

Klinische Angaben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anwendungsgebiete

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deucravacitinib wird gegen moderate bis schwere Schuppenflechte bei Patienten, die für eine systemische Therapie in Frage kommen, eingesetzt.[6] Der Wirkstoff wird oral angewendet (eingenommen).

Vor der Gabe von Deucravacitinib sollte eine latente Tuberkuloseerkrankung ausgeschlossen und ggf. vor Gabe von Deucravacitinib behandelt werden.[7]

Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Therapeutic Goods Administration (TGA) empfiehlt den Einsatz während der Schwangerschaft nicht, da das Medikament nur an einer begrenzten Anzahl schwangerer Frauen getestet wurde. Obwohl weder in den Studien noch in Tierversuchen ein erhöhtes Risiko für Schäden am Kind festgestellt wurden, wird keine Empfehlung ausgesprochen.[8]

Unerwünschte Wirkungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den klinischen Studien wurden Allergien gegen Deucravacitinib, Infektionen, Reaktivierung von Viren, Lymphome, Rhabdomyolyse und erhöhte Triglyceridwerte beobachtet. Es ist nicht bekannt, ob weitere Nebenwirkungen, wie sie von anderen Januskinasehemmern bekannt sind, auftreten können.[7]

Pharmakologische Eigenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkungsmechanismus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deucravacitinib hemmt die Tyrosinkinase 2 (TYK2). Dabei bindet es an die Pseudokinasedomäne JH2, wodurch eine hohe Selektivität gegeben ist und die Januskinasen JAK1, JAK2 und JAK3 in therapeutischen Dosen nicht gehemmt werden. Durch die Hemmung von TYK2 werden Signalkaskaden blockiert, an denen die Interleukine IL-12 und IL-23 sowie Alpha-Interferone beteiligt sind.[9][10]

Pharmakokinetik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deucravacitinib wird nach oraler Verabreichung rasch und nahezu vollständig resorbiert (Bioverfügbarkeit > 99 %). Maximale Plasmaspiegel treten nach 2 bis 3 Stunden auf. Die terminale Eliminationshalbwertszeit beträgt rund 10 Stunden.[11]

Strukturell handelt es sich bei Deucravacitinib um ein Pyridazin-Derivat. Dieses trägt eine Carbonsäuregruppe, die in eine vollständig deuterierte Methylamidgruppe überführt wurde, sowie eine Amidgruppe, die einen Cyclopropylrest trägt. Über eine Aminogruppe ist es mit einem Anisolderivat verknüpft, welches mit einem Methyltriazol aryliert ist.

Die deuterierte Methylgruppe im Molekül führt zu einer höheren Selektivität, da das Amid in vivo langsamer demethyliert wird. Grund dafür ist der kinetische Isotopeneffekt. Das demethylierte Molekül verliert die Selektivität für TYK2 und kann ebenfalls die Januskinasen 1, 2 und 3 hemmen, wodurch unerwünschte Wirkungen auftreten können.[12]

In einer konvergenten Synthese werden zunächst ein Anilinfragment und eine Dichlorpyridazincarbonsäure hergestellt.

Die Synthese des Anilinfragments beginnt mit 5-Chlor-2-methoxybenzonitril, das unter basischen Bedingungen mit N-Methylformylhydrazin zum Triazol cyclisiert wird. Als Hilfsbase dient Kalium-tert-butanolat (KOtBu). Anschließend wird der Benzolring nitriert und die Nitrogruppe wird zur Aminogruppe hydriert. Als Hydrierkatalysator dient Palladium auf Aktivkohle. In diesem Schritt wird auch das Chloratom durch Wasserstoff ersetzt. Letzteres ist erwünscht, da das Chloratom lediglich für die Regioselektivität der Nitrierung nötig war.

Synthese des Anilinfragments

Für die Dichlorpyridazincarbonsäure wird Diethyl-1,3-acetondicarboxylat diazotiert. Durch Reduktion mit Tributylphosphin wird eine Cyclisierung zum Ethyl-4,6-dihydroxypyridazin-3-carboxylat eingeleitet. Es folgt eine Deoxychlorierung mit Phosphorylchlorid, wobei das Dichlorderivat zunächst nicht isoliert, sondern mit DIPEA und Lithiumbromid zum Lithiumsalz verseift wird.

Synthese des Pyridazinfragments

Das Dichlorpyridazincarboxylat wird unter Katalyse durch Zinkacetat mit dem Anilinfragment verknüpft. Es folgt eine Palladium-katalysierte Kreuzkupplung mit Cyclopropylcarbonsäureamid, als Ligand dient dabei eine von Josiphos abgeleitete Verbindung (SL-J009), als Hilfsbasen dienen Kaliumcarbonat und DBU. Der finale Schritt der Synthese ist die Amidierung mit dem deuterierten Amin. Da dieses als Gas vorliegt, wird stattdessen das Hydrochlorid verwendet. Als Kupplungsreagenz wird EDC mit 1-Hydroxybenzotriazol (HOBt) und 1-Methylimidazol (NMI) verwendet.

finale Syntheseschritte zum Deucravacitinib

Die Synthese verläuft in einer Ausbeute von 43 % und wurde laut Hersteller bereits genutzt, um mehr als eine Tonne des Wirkstoffs herzustellen.[2]

Monopräparate: Sotyktu (USA, AUS, EU) Hersteller Bristol-Myers Squibb

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. INN Recommended List 85, World Health Organisation (WHO), 6. April 2021.
  2. a b c Daniel S. Treitler, Maxime C. Soumeillant, Eric M. Simmons, Dong Lin, Bahar Inankur, Amanda J. Rogers, Michael Dummeldinger, Sergei Kolotuchin, Collin Chan, Jun Li, Adam Freitag, Federico Lora Gonzalez, Michael J. Smith, Chris Sfouggatakis, Jianji Wang, Tamas Benkovics, Joerg Deerberg, James H. Simpson, Ke Chen, Steven Tymonko: Development of a Commercial Process for Deucravacitinib, a Deuterated API for TYK2 Inhibition. In: Organic Process Research & Development. Band 26, Nr. 4, 2022, S. 1202–1220, doi:10.1021/acs.oprd.1c00468.
  3. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von 6-(cyclopropanecarboxamido)-4-((2-methoxy-3-(1-methyl-1H-1,2,4-triazol-3-yl)phenyl)amino)-N-(methyl-d3)pyridazine-3-carboxamide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 6. März 2023.
  4. New Drug Therapy Approvals 2022. Advancing Health Through Innovation. Abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  5. Asher Mullard: First de novo deuterated drug poised for approval. In: Nature Reviews Drug Discovery. Band 21, Nr. 9, 2022, S. 623–625, doi:10.1038/d41573-022-00139-6.
  6. Europäische Arzneimittel-Agentur: Sotyktu. deucravacitinib. 1. Februar 2022, abgerufen am 19. Februar 2024 (englisch).
  7. a b Food and Drug Administration: SOTYKTU™ (deucravacitinib) tablets, for oral us. September 2022, abgerufen am 4. März 2023 (englisch).
  8. Therapeutic Goods Administration: Sotyktu. 14. Dezember 2022, abgerufen am 4. März 2023 (englisch).
  9. Gillooly K, Zhang Y, Yang X, Zupa-Fernandez A, Cheng L, Strnad J, Cunningham M, Heimrich E, Zhou X, Chen J, Chaudhry C, Li S, McIntyre K, Carman J, Moslin R, Wrobleski S, Weinstein D, Burke J.: BMS-986165 Is a Highly Potent and Selective Allosteric Inhibitor of Tyk2, Blocks IL-12, IL-23 and Type I Interferon Signaling and Provides for Robust Efficacy in Preclinical Models of Systemic Lupus Erythematosus and Inflammatory Bowel Disease [abstract]. In: Arthritis Rheumatol. 2016, S. 68 (acrabstracts.org).
  10. Sven Siebenand: Deucravacitinib-Tabletten bei Schuppenflechte. In: Pharmazeutsiche Zeitung. 30. Januar 2023, abgerufen am 4. März 2023.
  11. Sotyktu – Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Europäische Arzneimittelagentur, März 2023.
  12. Stephen T. Wrobleski, Ryan Moslin, Shuqun Lin, Yanlei Zhang, Steven Spergel, James Kempson, John S. Tokarski, Joann Strnad, Adriana Zupa-Fernandez, Lihong Cheng, David Shuster, Kathleen Gillooly, Xiaoxia Yang, Elizabeth Heimrich, Kim W. McIntyre, Charu Chaudhry, Javed Khan, Max Ruzanov, Jeffrey Tredup, Dawn Mulligan, Dianlin Xie, Huadong Sun, Christine Huang, Celia D’Arienzo, Nelly Aranibar, Manoj Chiney, Anjaneya Chimalakonda, William J. Pitts, Louis Lombardo, Percy H. Carter, James R. Burke, David S. Weinstein: Highly Selective Inhibition of Tyrosine Kinase 2 (TYK2) for the Treatment of Autoimmune Diseases: Discovery of the Allosteric Inhibitor BMS-986165. In: Journal of Medicinal Chemistry. Band 52, Nr. 20, 2019, S. 8973–8995, doi:10.1021/acs.jmedchem.9b00444.